Spaghetti all’amatriciana

Eines der klassisches Tomaten-Sugo-Gerichte aus dem Latium bzw. den Abruzzen ist Spaghetti auf amatricianer Art, bei dem das Sugo mit durchwachsenem Speck (Guanciale) gekocht wird.

Spaghetti all'amatriciana

Spaghetti auf amatricianer Art
spaghetti all'amatriciana
Klick auf die Sterne zum Bewerten!
Zur Rezeptesammlung hinzufügen    Drucken
Menge (anpassbar) 10 Portionen
Vorbereitungszeit 10 Minuten
Kochzeit 15 Minuten
Arbeitszeit gesamt 25 Minuten
Kalorien 616 kcal

Zutaten

  • 850 g Spaghetti alternativ Bucatini
  • 250 g Guanciale siehe unten
  • 125 ml Weißwein trocken; fakulativ
  • 375 g Tomaten (polpa)
  • 3 Peperoncino (frisch)
  • 150 g Pecorino romano gereift (stagionato), am besten lokaler Pecorino oder Pecorino romano, ersatzweise einen anderen Pecorino
  • 2 EL Olivenöl extra vergine
  • Salz
  • Pfeffer

Anleitung

  • Guanciale in 3 bis 4 cm lange Stifte schneiden.
  • 1 EL Öl in einer Pfanne erhitzen.
  • Guanciale in Pfanne anbraten.
  • Peperoncino hinzufügen.
  • Wein hinzufügen und braten, bis das Fett zumindest glasig geworden und das Fleisch ein wenig Farbe bekommen hat und der Wein verkocht ist.
  • Guanciale abgießen, Peperoncino entfernen und warm stellen.
  • Nudelwasser aufsetzen, salzen und Spaghetti al dente kochen (nach unserer Anleitung Nudeln richtig kochen).
  • Derweil in die bereits benutzte Pfanne 1 EL Öl geben, Tomaten hinzufügen und so lange köcheln lassen, bis die Nudeln fertig sind.
  • Mit frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken.
  • Gekochte Pasta mit der Sauce, Guanciale und frisch geriebenem Pecorino vermengen und servieren.

Rezept-Hinweise

Werbung
Wein-Empfehlung:
Umbria Rosso (Cardeto)
Der Umbria Rosso ist eine gelungene Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Sangiovese, gewachsen auf vulkanischem Boden in der Nähe der Stadt Orvieto. Sein Duft wird bestimmt von roten Früchten: Sauerkirschen, Brombeeren und schwarzen Johannisbeeren. Er schmeckt jugendlich frisch und ergänzt die Spaghetti mit würziger Frucht.
Weitere Informationen zu diesem Wein ...

Nährwerte

Kalorien: 616 kcal | Kohlenhydrate: 65 g | Protein: 17 g | Fett (gesamt): 30 g | ges. Fettsäuren: 10 g | mehrfach unges. Fettsäuren: 3 g | einfach unges. Fettsäuren: 14 g | Cholesterin: 16 mg | Natrium: 867 mg | Kalium: 395 mg | Ballaststoffe: 4 g | Zucker: 6 g

Meine Notizen

 

spaghetti all'amatriciana

 

gemuesefahne_55Ich bin mir etwas unsicher, ob es nicht pietätlos erscheinen kann, wenn ich vor dem Hintergrund des schrecklichen Erdbebens, das vorgestern (24.08.16) Amatrice und benachbarte Dörfer heimgesucht hat, auf ein aus der Gegend stammendes Gericht hinweise. Kann man leckere Spaghetti all’amatriciana kauend der Opfer gedenken? Zum Gedenken braucht es sicherlich eines anderen Rahmens, doch der Hinweis auf kulinarische Schätze einer von einem Erdbeben heimgesuchten Region kann letzterer wahrscheinlich nur helfen, und so stelle ich heute Spaghetti all’amatriciana vor.

 

gemuesefahne_55Spaghetti all’amatriciana stammt aus dem kleinen in der Provinz Rieti liegenden Städtchen Amatrice in der Region Latium. Aufgrund seiner sehenswerten Altstadt ist Amatrice gerade erst 2015 als Uno dei borghi più belli d’Italia (eines der schönsten itlaienischen Dörfer) ausgezeichnet worden – und nun das: Wohl weit über die Hälfte des Städtchens ist zerstört. Ob es eine Wiederaufbauperspektive gibt, ist ungewiss und angesichts der Erfahrung mit dem letzten großen Erdbeben im Raum L’Aquila wohl mehr als fraglich. Andererseits gab es schon im 17. und 18. Jahrhundert mehrere Erdbeben (besonders 1639)[1], die schon damals Amatrice stark zusetzten, so dass vielleicht die Hoffnung besteht, dass ein Wiederaufbau gelingen wird. Aber all das ist eine Frage der Zeit, und so schätze ich mich persönlich glücklich, vor drei Jahren Amatrice noch intakt besichtigt haben zu können, wobei wir dann im Restaurant natürlich auch die obligatorischen Spaghetti all’amatriciana genossen haben, die wir seitdem häufiger mal auf dem häuslichen Speiseplan haben.

 

gemuesefahne_55Spaghetti all’amatriciana ist nicht nur das bekannteste Gericht Amatrices, sondern hat sich im gesamten Latium verbreitet und gehört dort zu den klassischen regionalen Gerichten. Amatrice befindet sich ja in einer deutlichen Randlage am äußersten nordöstlichen Ende Latiums, nahe der Grenze zu den Abruzzen, aber auch zu Umbien. Aber die Beziehungen zur Kapitale waren immer intensiv, vor allem seit im 19. Jahrhundert die Krise der Viehwirtschaft viele Einwohner der Berge ihr Glück in Rom suchen ließ. 1860 wurde wohl das erste Gasthaus mit amatricianer Küche in Rom gegründet, das Il Passetto im Vicolo del Passetto, das später an die noble Piazza Navona umzog.[2] Die Küche Amatrices wurde in der Folge in Rom so populär, dass sich zur Bezeichnung von Gasthäusern mit Küche der Begriff Matriciano einbürgerte.[3] Heute sind Spaghetti all’amariciana im Latium quasi auf jeder Speisekarte der Restaurants mit traditioneller Küche zu finden. Auch landesweit gelang der Sprung in die cucina nazionale, und so wundert es ein wenig, dass das Gericht in Deutschland doch relativ unbekannt ist. Jedenfalls sind Spaghetti all’amatriciana gewissermaßen eine Weiterentwicklung eines aus der Nähe stammenden Gerichts, nämlich den Spaghetti alla gricia. Dieses enthält exakt die gleichen Zutaten wie die Version all’amatriciana, jedoch keine Tomaten, ist also eine Art Spaghetti all’amatriciana in bianco. Dies hat vermutlich vor allem die Ursache, dass das Gericht ein typisches Gericht der Hirten war, die getrocknete Pasta, Guanciale und Pecorino mit sich auf ihre Wanderungen nahmen – Tomaten wären da schlecht zu transportieren gewesen, und zudem haben die Tomaten ja auch erst relativ spät ihren Siegeszug in der italienischen Küche angetreten. Jedenfalls ist die Version all’amatriciana aus den Spaghetti alla gricia vermutlich gegen Ende des 18. Jahrhunderts hervorgegangen.[4] Das erste schriftliche Zeugnis des Gerichts stammt aus dem Jahre 1816, und zwar von dem römischen Koch Francseco Leonardi, der am Hof von Papst Pius VII tätig war. Spaghetti all’amatriciana sind seit 2015 De.Co.-zertifiziert, das Qualitätssiegel STG ist beantragt.

 

gemuesefahne_55Auch wenn wir oben das Gericht begründet der Region Latium zugewiesen haben, so sei doch nicht verschwiegen, dass auch die Region Abruzzen “Erfinderrechte” beanspruchen kann: Bis 1927 gehörte nämlich der Landstrich des Rietino, in dem Amatrice liegt, zu den Abruzzen.

 

gemuesefahne_55Über die richtigen Zutaten gibt es natürlich – wie so ziemlich bei jedem Rezept – unterschiedliche Auffassungen. Die große Frage ist hier, welche Nudel zu dem Sugo die passendste ist. Die Amatricianer selbst bestehen darauf, dass nur Spaghetti zulässig seien und formulieren dies deutlich auf ihrem Ortsschild …

amatrice
… während ansonsten in so ziemlich ganz Latium Bucatini, also dünne Röhrennudeln, gegessen werden. Ebensowenig Einigkeit besteht darüber, dass in einem Sugo all’amatriciana Zwiebeln nichts zu suchen haben. Jedenfalls behauptet man dies in Amatrice, während man in Rom gern ein wenig Zwiebeln dazu gibt. Eindeutiger ist der Verzicht auf Knoblauch. Als sich 2015 Carlo Cracco, ein in Italien berühmter Koch, erdreistete, Knoblauch für das Sugo benutzen zu wollen, trat er eine durch die Feuilletons des Landes schwappende Diskussion los (Essen hat eben in Italien einen etwas anderen Stellenwert – wenn bei uns ein Koch Sauerbraten ohne Rosinen propagieren würde, fühlte sich die Kulturszene sicherlich nicht betroffen…), die schließlich einen entschiedenen Protest des Bürgermeisters von Amatrice zur Folge hatte.[5] Hinsichtlich des Specks halten Puristen Guanciale (also durchwachsenen Schweinespeck von den Backen) für notwendig, denn dieser sei aromatischer und vor allem nicht so salzig wie Pancetta, ein ähnliches durchwachsenes Speckstück vom Bauch den Schweins. Da selbst in Latium schon Hausfrauen klagen, dass Guanciale kaum noch erhältlich sei[6], wurdert es nicht, dass wir hier in Deutschland Ersatz suchen müssen, und insofern ist Pancetta zur Not auch in Ordnung. Was die Tomaten anbelangt, so werden allenthalben solche der Sorte San Marzo, die es hier in Dosen zu kaufen gibt, empfohlen. Ist kein frischer, möglichst nicht zu scharfer Peperoncino vorhanden, kann man auch solchen in getrockneter Form (gerebelt oder als Pulver) benutzen. Schließlich will ich, was die Authetizität des Gerichts anbelangt, nicht verhehlen, dass die Beigabe von etwas Weißwein zwar in vielen heutigen Rezepten üblich ist, aber eben auch ein Zugeständnis an unseren heutigen Geschmack darstellt, ebenso wie der Ersatz des eigentlich vorgesehen Schmalzes durch etwas Olivenöl.

 

gemuesefahne_55Übrigens gibt es auch eine koshere Variante der Spaghetti all’amatriciana: In jüdischen Ghetto Roms kochte man die Amatriciana ebraica ohne Käse und ersetzte die Guanciale durch getrocknetes Rindfleisch.

 

gemuesefahne_55Die Sauce lässt sich hervorragend einfrieren, so dass ich das Rezept für eine größere Anzahl von Portionen angelegt habe. Einfach nach dem Erkalten des Sugos dieses in kleine Gefrierbeutel portionieren, gut verschließen und einfrieren, und dann steht einem ad-hoc-Genuss von Spaghetti all’amatriciana nur noch eine kurze Auftauzeit parallel zum Nudelkochen im Wege.

 

Lazio Nudelgerichte

Hier findest du mehr Rezepte aus dem Latium.

 

 

Fußnoten    (↵ zurück zum Text; ggf. geschlossenen Text zunächst öffnen)

  1. Vgl. https://it.wikipedia.org/wiki/Amatrice#Storia (Letzter Zugriff: 26.08.16)
  2. Vgl. http://www.amatriceturismo.it/l-amatriciana/ (Letzter Zugriff: 26.08.16)
  3. Vgl. https://it.wikipedia.org/wiki/Amatriciana#Storia (Letzter Zugriff: 26.08.16). Der Begriff lautet tatsächlich Matriciani (also ohne “A” am Wortbeginn), denn die Bewohner Amatrices heißen tatsächlich Matriciani und nicht Amatriciani
  4. Vgl. https://ricette.foxlife.it/primi-piatti/bucatini-amatriciana-ricetta-originale-guanciale/ (Letzter Zugriff: 15.03.18, z.Z. wohl nicht online)
  5. Vgl. http://www.ilfattoquotidiano.it/2015/02/10/lamatriciana-laglio-in-camicia-ricetta-carlo-cracco-fa-discutere/1412760/ (Letzter Zugriff: 26.08.16)
  6. Vgl. http://www.buttalapasta.it/articolo/ricetta-pasta-all-amatriciana-con-pancetta/37005/ (Letzter Zugriff: 26.08.16)

Diese Seite wurde zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2024
Wird die Seite ganz oder in Teilbereichen nicht richtig angezeigt, freuen wir uns über einen kurzen Hinweis an
matta@a-i-k.de

3 Gedanken zu “Spaghetti all’amatriciana

  • 14. August 2020 um 22:38
    Permalink

    Der Entwicklungsstrang ist einfach genial. Man kanm anhand der Hinzugabe neuer Zutaten die kulinarische Geschichte mitverfolgen – und diese im Teller geniessen!

    Antworten
  • 7. Januar 2022 um 8:00
    Permalink

    Hallo Matta,

    seit nun etwa 2 Jahren verfolge ich mit Freude deine Seiten mit Rezepten und Beiträgen. Als Freund der Küche des Lazio hätte ich eine Anregung zur Erweiterung der Seite mit lazialen Pasta-Gerichte.

    Neben den Tagliatelle alla Papalina wären die “Pasta alla Zozzona” (Pasta auf schmutzige Art, vmtl. wegen der scheinbar wahllosen Mischung) die Synthese der Carbonara und der Amatriaciana; auch wenn die P. alla Zozzona noch die Eigenart der Salsiccia als Besonderheit mitbringt und der Tomatenanteil (meist als pomodorini pacchini) geringer ist als in der Amatriciana; Ziwbel ist optional, in Rezepten mal dabei, mal ohne.

    Herzl. Gruß

    Stephan Gericke

    Quellen:
    https://ricette.giallozafferano.it/Pasta-alla-zozzona.html
    https://www.youtube.com/watch?v=-iI5qVWifyo
    https://www.derstandard.de/story/2000126855061/pasta-alla-zozzona

    Antworten
    • 7. Januar 2022 um 8:52
      Permalink

      Hallo Stephan,
      danke für die Anregung. Werde mal nachschauen, aber im Moment backen wir gerade ligurische Torte und Focacce …
      Beste Grüße von Matta

      Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Rezept-Bewertung